Reflexionen über Autobiographisches

Ich will über das Wissen und Denken schreiben, das mich prägt. Dazu gehört die Rolle des Einzelgängers, der ich nie sein wollte und die mir sozusagen aufgezwungen wurde. Diese Entwicklung ist im Exkurs Mobbing, Bossing und Einzelgängertum autobiographisch am Anfang schon beschrieben. Familie, Ausbildung, Arbeitswelt und Freundeskreise sind die prägenden Motive der Seins-Ausrichtung heute. In Vergessenheit geraten zunehmend die Glaubensfragen der Religion, in die hineingeboren des Menschen Los ist als auch die gesellschaftlichen Ausrichtungen, die mit den Stichworten Gesinnung und Ideologie beschrieben und zusammenfassend als Weltsicht gelesen werden können.

Exkurs: Mobbing, Bossing und Einzelgängertum

Bein Nachdenken über mein Sein, mit anderen Worten über mein mir bekanntes Leben in der mir zugänglichen Umgebung fällt mir immer wieder auf, das meine Sichtweise auf die Welt sich von der der Mehrheit meiner mir bekannten Mitmenschen unterscheidet. Das hat, so zumindest ist meine zur Zeit vorherrschende Ansicht, wohl mit einer mangelnden Sozialisation zu tun. Diese leitet sich davon ab, das ich meine Person seit frühester Jugend als durch Familie, Mitschüler, Kollegen und zum Teil auch durch heute ehemalige Freunde ständig Mobbing- und Bossing-Kampagnen ausgesetzt sehen musste. Das hat mich in meiner Vorstellung zu einem Einzelgänger gemacht, der das Allein-Sein nicht fürchtet und der sehr gut ohne Gesellschaft und deren wenig gehaltvollen Gespräche auskommt. Dem entsprechend ist meine Weltsicht ganz anders geprägt als die der Menschen meiner Umgebung.

Ein weiteres Kriterium, das meiner Ansicht nach für mein Denken eine Rolle spielt ist mein über 49 Jahre ausgeübter Beruf, der etwas mit chemischer Analytik zu tun hat. In der Analytik ist ja eine systematische Untersuchung eines Sachverhalts oder einer Problemstellung das vorherrschende Thema. Was diese Prägung in dieser Richtung noch weiter verstärkte war die Entwicklung der Methodik in diesem Zeitraum, der von der analogen Bearbeitung der Ergebnisse in die digitale Datenverarbeitung überging und die zusätzlich noch mit einer Entwicklung in die maschinelle Analysentechnik verbunden war, in der Automation und komplexe Maschinen eine zunehmend vorherrschende Rolle spielten. Ein Trend nebenbei angemerkt, der sich bis heute fortsetzt und immer tiefere Einblicke in den Zustand zum Beispiel der chemischen Zusammensetzung einer Analysenprobe ermöglicht. Die dazu notwendigen Denkstrukturen haben sich tief in mein Denken eingegraben. Ich stelle immer wieder fest, das dieses Denken sich ganz wie von selbst auch auf andere Lebensbereiche überträgt. Ich würde das heute so formulieren, das eine sich etablierende Problematik von mir zunächst einmal in Gedanken bis auf eine von mir und meinem Wissen gebildete erreichbare Grundlage herunter gedacht und von dort aus eine sozusagen planvolle Auswahl und Reihenfolge getroffen wird, mit der die Arbeit angegangen werden kann. Diese Vorgehensweise ist für meine Mitmenschen im Gespräch oftmals eine sehr lästige, manchmal auch überhöht langweilige Angelegenheit, die oftmals nach wenigen Sätzen meinerseits entweder schnell unterbrochen oder durch einen Themenwechsel ausgeschaltet wird. Für mich hat das dann die Auswirkung, das ich meine Gedanken nicht zu Ende führen kann und hier und da etwas irritiert aus dem Gespräch aussteige, was meine Ausstrahlung als Einzelgänger noch verstärkt. Vielleicht soviel einmal ein paar Sätze zu meiner Selbstwahrnehmung in meinem Lebensgefüge. Ich schreibe das bereits am Anfang, damit der Leser, der über keine solche Vorprägung verfügt und daher gut und angemessen sozialisiert, sprich normal, ist, sich bereits im Vorfeld von dem Gedanken befreien kann, das mein Denken dem Seinen entsprechen müsse. Das ist meiner Erfahrung nach so nicht gegeben. Vieles, worüber sich Mitmenschen gerne unterhalten, interessiert mich wenig und ich höre mehr aus Toleranzerwägungen zu, beteilige mich aber nur wenig. Nun halte ich mein Denken, so könnte ein Eindruck entstehen, nicht für außergewöhnlich, im Gegenteil, ich würde einiges dafür geben, so zu sein wie es die Allgemeinheit heute gewöhnlich zeitigt. Das Leben als Einzelgänger ist nicht immer so erbauend, wie das oftmals etwas selbstverliebt dargestellt wird.

Meiner Beobachtungen nach ist Mobbing und auch Bossing in der heutigen Zeit durchaus eine normale Erscheinung. Als normal kann im Informationszeitalter das angesehen werden, was mit Regelmäßigkeit in die Film- und Medienwelt Einzug hält. Es gibt heute in Deutschland kaum einen Krimi, kaum einen Spielfilm, kaum eine Talksendung, in dem diese beiden Motive keine Rolle spielen. Also ich betrachte das mittlerweile als den Normalzustand unserer Gesellschaft. Ich sehe das nicht als eine Besonderheit an, sondern das ist ein Produkt unseres mehr rational geprägtem Denkens, das seine Sinnhaftigkeit zunehmend verliert und nur noch dazu in der Lage ist, die Herausforderungen des Alltag zu bewältigen. Mehr und mehr verliert die Frage an Bedeutung, woher wir kommen und wohin wir unterwegs sind. Das ist ein bedenklicher Zustand, der durch der Verlust ein zunehmend antisoziales Verhalten befördert, sprich dazu neigt, ein „nach mir die Sintflut“-Denken zu etablieren. Vielleicht ist es notwendig, die heute übliche Definition von Mobbing und Bossing zu präsentieren:

Im soziologischen Sinne beschreibt Mobbing oder Mobben psychische Gewalt, die durch das wiederholte und regelmäßige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Gruppe von Personen oder durch eine einzelne Person in überlegener Position [Anmerkung HpS: entspricht Bossing durch Vorgesetzte] definiert ist. Zu den typischen Mobbinghandlungen gehören u. a. Demütigungen, Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen, Zuweisung sinnloser Aufgaben und anderweitiger Machtmissbrauch, Gewaltandrohung, soziale Exklusion oder eine fortgesetzte, unangemessene Kritik an einer natürlichen Person oder ihrem Tun, die einer Tyrannei bzw. einem unmenschlich-rücksichtslosen Umgang gleichkommt. Wikipedia.org

Mobbing kann z. B. erfolgen in der Familie, in einer Peergroup, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Vereinen, in Wohneinrichtungen (Heimen) oder Gefängnissen, in Wohnumfeldern (Nachbarschaften) oder im Internet (Cyber-Mobbing). Wikipedia.org

Die gesundheitlich-ökonomischen Aspekte und Folgeschäden von Mobbing gelten als enorm und sorgen alleine in der deutschen Wirtschaft für jährliche Ausfälle in Milliardenhöhe. Gerade im Gegensatz zur im westlichen Kulturkreis weitgehend tabuisierten physischen Gewalt, wird verbale Gewalt und Mobbing weniger ernst genommen, und nimmt auch im populär gültigen Diskurs nur eine untergeordnete Rolle ein. Wikipedia,org

Bezeichnend in der Definition ist die Anmerkung, das im populär gültigen Diskurs das nur eine untergeordnete Rolle spiele und zunächst nur die wirtschaftlichen, nicht aber persönlichen Schäden genannt und präzisiert werden. Diese werden erst viel später in dem zitierten Artikel genannt, so spät meiner Ansicht nach, das nur wenige Interessenten das lesen werden:

Regelmäßige feindselige Angriffe rufen negative Gefühle und starke Verunsicherungen bei den Betroffenen hervor, was in der Regel nicht ohne Folgen auf ihr Arbeits- und Leistungsverhalten bleibe. 98,7 % der deutschen Mobbingopfer geben diesbezüglich negative Auswirkungen an. Am häufigsten nennen Opfer laut Mobbing-Report Demotivation (71,9 %), starkes Misstrauen (67,9 %), Nervosität (60,9 %), sozialen Rückzug (58,9 %), Ohnmachtsgefühle (57,7 %), innere Kündigung (57,3 %), Leistungs- und Denkblockaden (57,0 %), Selbstzweifel an den eigenen Fähigkeiten (54,3 %), Angstzustände (53,2 %) und Konzentrationsschwächen (51,5 %). Beruflich kann Mobbing zu Kündigung, Versetzung und Erwerbsunfähigkeit des Opfers führen. Wikipedia.org

Der dann gut gemeinte Rat, sich als Opfer zur Wehr zu setzen und sozusagen „das Ende des leichten Spiels“ zu signalisieren, was „eine Eskalation wahrscheinlich“ mache, kann ich nur belächeln. Diese Eskalation herbeizuführen ist doch gerade das Ziel des Mobs. Nehmen wir einmal einen Kollegenkreis von 8 Personen an, von dem 7 sich zu einem Mob zusammenfinden. Die entstehende Eskalation wird dazu führen, das erstens das Opfer zum Täter gemacht werden kann und zweitens, das der Vorgesetzte es einfacher findet, das Opfer zum Gehen aufzufordern, als sich mit dem Rest der Abteilung anzulegen. Wenn das Opfer eskaliert, ist Bossing die nahezu unweigerliche Folge. Das funktioniert nicht. Viel besser als Eskalation durch Angriff ist eine andere Vorgehensweise, die allerdings ein gefestigtes Selbstwertgefühl voraussetzt. Mobbing soll das Opfer diskreditieren, das Opfer zum Täter machen und so eine für den Mob bequeme Arbeitssituation schaffen, in der das Opfer immer mehr im Fokus steht. Wenn das Opfer statt sich aggressiv zu verhalten nun einfach damit beginnt, seine Arbeitsleistung deutlich zu erhöhen, sich stets nach außen freundlich und zuvorkommend verhält und damit die Kollegen automatisch in den Fokus rücken, die neben einer schlechten Arbeitsleistung auch noch Fehlverhalten zeigen und immer aggressiver vorgehen müssen, ohne Wirkung zu erzielen, sind die Erfolgsaussichten bedeutend höher. Des weiteren wird sich der Vorgesetzte zumindest nicht einseitig positionieren wollen, da die Arbeitsleitung des Opfers ja durchaus weiter gewünscht wird und es keinen Grund gibt gegen ihn vorzugehen. Nun verstehe ich, das diese Aussagen sich für sozial geprägte Menschen seltsam anhören. Für einen Einzelgänger wie mich aber, der a: allein zu sein gewohnt ist und der b: soziale Kontakte nicht unbedingt braucht ist das ein einfach zu realisierendes Verhalten. So zumindest habe ich lange Jahre lang ein Mobbing nach dem anderen in allen Etappen meiner Biographie ohne Schaden zu nehmen überstanden. Meiner Ansicht nach gibt es kein besseres Konzept zur Bewältigung dieser Unsitte. Aber auch der Socializer kann dieses Konzept verfolgen, ist er doch sowieso angesichts des Mobs am Arbeitsplatz wie im Beispiel zumindest vorübergehend in einer Einzelgänger-Rolle. Er hat die Wahl zwischen aufgeben, krank werden und kämpfen, und er sollte sich seine Waffen nach Kriterien der Erfolgsaussicht wählen. Ich habe stets zum Kämpfen gegriffen, bin nie erkrankt und habe alle Situationen, zu denen ich mich durch Mobbing gezwungen sah, so stets erfolgreich gemeistert.

image_pdfimage_print

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert