Es gibt Zeiten, die sind grau, in sich grau, und ich erlebe sie als ohne Hoffnung, ohne Sinn. Alles fällt mir schwer in dieser Zeit, jede Regung kostet, jeder Gedanke belastet, jedes Wollen stirbt. Ich spüre dann zwar das Lebendige in mir, aber es gibt nicht etwas damit zu tun, alles scheint bereits getan zu sein, nichts liegt mehr an, und nichts ist unerfüllt. Und auch die andere Seite dieses so-seins fehlt, es gibt kein Glück, keine Freude und kein sich wohl fühlen. Die Dinge und Gegebenheiten sind, sonst nichts.
Es ist schwer in Worte zu fassen, aber nicht fehlt dann etwas, und nichts ist zuviel. Zwar erreicht mich jedes Geräusch, jede Berührung, aber es gibt einen erheblichen Widerstand, darauf hin aktiv zu werden. Die Augen ins ferne Nichts gerichtet, genieße ich diese Zeit der Stille, ich bin, nicht traurig, nicht erfüllt mit, nicht mit egal, nur ich bin. Und diese Zeit dauert, bis ein neuer Schlaf mich überfällt, ein Schlaf, der mich richtig schlafen lässt oder der mich zu etwas anderen hinzieht.
Ich weiß, es ist schwer , dies zu verstehen. Ich verstehe es ja selbst nicht, und so erwarte ich es auch nicht von anderen. Aber ich wünsche mir von meinen Freunden, dass sie mich dieses Unverstandene leben lassen. Wenn es mich doch überfällt, dann muss ich es auch ergründen. Nur so kann ich zum Verstehen kommen. Ich möchte es nicht abweisen, so wie ich es viele Jahre zuvor schon getan habe, denn es ist wirklich, und es ist real, und es ist lebenswert.
Für viele mag es Aussehen wie eine Depression, oder vielleicht nur eine Stimmung, und ich sehe in fremden Augen die Überlegung, woher diese denn kommen könne und was sie auszulösen vermochte. Ich sehe das Fragen, und ich verstehe es auch, und dies nicht nur, weil ich selbst so lange schon damit konfrontiert bin. Aber ich habe keine Antwort, und so kann ich niemand trösten. „Es ist“, und das ist alles, was ich sagen kann. Und vielleicht ist es wirklich nur eine Depression, eine Stimmung. Aber erst wenn ich ergründet habe, werde ich es wissen und erklären können. Und bis dahin muss ich um Geduld bitten, um Verständnis.
Vieles schon haben mich diese Zeiten gelehrt, zumindest glaube ich, dass das Gelernte von dort her stammt. Viele Beobachtungen sind aus dieser Stille gewachsen, viele Wiederholungen sind aus dieser Stille heraus mir bekannt geworden, und viele wichtige Entscheidungen, auch sehr schmerzliche sind darunter, sind nach einer solchen Stille gefallen, und sie waren stets förderlich und haben mich stets weitergebracht. Diese Stille ist also nicht Nichts, und doch gibt es nichts darüber zu denken, nichts darüber zu sagen.
Es gibt keinen Zugang und keine Tür dorthin, jedoch: Es gibt Dinge und Weisen, die einen Eintritt zu fördern scheinen. Da ist zunächst einmal die Sättigung nach eine Phase des Hungers, die Stille nach einer Zeit der Hektik, die Leere nach einer Zeit der Ausgefülltheit, die Ruhe nach einer Phase der Eile, das Gelingen nach einer Zeit der Unsicherheit, die Müdigkeit nach einem erfüllten Tag. Es ist oft ein Ende vor einem neuen Anfang, etwas geht, und ein Neues ist noch nicht da. Und vielleicht ist es nur eine Pause zwischen zwei Aktivitäten, die sich übermäßig ausdehnt, als würde ich in ihr verweilen.
Diese Pause ist wie ein Buch mit leeren Seiten, und beim Aufschlagen füllen sich diese für kurze Zeit, verschwommen zwar und oft unklar und unleserlich, aber sie machen neugierig und schütteln an der Ordnung, die mir oft als so selbstverständlich erscheint, und häufig bin ich danach verwirrt, kann mich zu nichts mehr entschließen, habe ich den Faden für kurze Zeit verloren, um ihn dann, nach ewigen Sekunden, wieder zu finden in einer neuen Farbe. Und alles scheint dann gewohnt und sicher wie zuvor, und doch: mir erscheint die Welt dann gewandelt, in einem neuen Licht.