Unwissen und dessen Bezug zu Freiheit

Die gewählten Methoden, Richtlinien und Verfahrensweisen

Wer sich als Bürger einer zivilisierten Gesellschaft in der Welt vorfindet und darin leben möchte, wird zu jeder Zeit und Gelegenheit mit Problemstellungen der Form „Wie geht das?“ konfrontiert und findet in vielen Beschreibungen, Geschichten und Nachschlagewerken Methoden, Richtlinien und Verfahrensweisen vor, nach denen solcherlei Probleme gewöhnlich abgearbeitet werden können. Diese beruhen meist auf Erfahrungen, die in der Vergangenheit gemacht und überliefert wurden 1, beruhen auf Konventionen, zu denen man sich aus Gründen der Funktionalität geeinigt hat 2 oder beruhen auf Vorgehensweisen, die sich aus Narrativen und Weltsichten ableiten 3.

Nun beruht ja jede Interpretation der oben beschriebenen Beispiele nicht auf absolutem Wissen, sondern auf zumeist je einer Theorie, die zur Zeit als allgemein gültig betrachtet wird. Wir fahren also auf einer Landstraße nach der Regel in Deutschland rechts, ernährten uns meist nach deutschem Brauch (Überlieferung) und betrachten unsere ausländischen Mitmenschen nach den Kategorien, die sich aus dem vorherrschenden Meinungsbild im Lande ableiten. Und wir wissen außerdem, das es Länder gibt, in denen auf den Straßen links gefahren wird, wissen, das sich Menschen anderer Länder ganz anders ernähren als wir und können auch tagtäglich nachlesen, das die Feindbilder anderer Völker ganz andere sind als die unsrigen. Da liegt doch die Frage nahe, woher wir um alles in der Welt glauben, das unsere Methoden und Verfahrensweisen die richtigen, sind, das unsere Richtlinien für alle gelten sollen und das allein wir wissen, was gut, förderlich und richtig ist in dieser Welt. Ist es nicht eher so, das wir aus einer Fülle der Möglichkeiten ausgewählt haben und das es bei der Entscheidungsfindung auch hätte anders aussehen können. Sind aber diese vormaligen Möglichkeiten durch unsere Wahl deshalb bis auf die eine Mögliche zusammengeschrumpft? Ich denke nicht. Also ist doch wohl klar und eindeutig, das wir nicht wissen können, was allein und für alle gültig die „richtige Wahl“ ist. Warum glauben viele in unserem Land trotzdem zu wissen, was richtig ist? Ich verstehe es nicht.

Das Unbewusste

Einige wissenschaftliche Disziplinen arbeiten mit dem Unbewussten, beziehungsweise mit der Existenz des Unbewussten als eine Form der Beschreibung von unerklärlichen psychischen Phänomenen und gehen dabei bis zu der Ansicht, das verschiedenste Psychosen und andere geistige Besonderheiten kausal auf unbewusste Anteile zurückzuführen seien. Nun ist diese Behauptung nicht nachweisbar, schon gar nicht in kausalem, also ursächlichem Bezug. Erstens weiß der betroffene Patient selbst nichts von seinem „Unbewussten“, das kann er auch gar nicht, denn es ist ja nicht bewusst. Zweitens kann auch der Arzt nicht ins Unbewusste seines Patienten hineinschauen, er schafft es ja nicht einmal das Bewusste seines Patienten zu durchschauen, denn, der kann ja viel erzählen, aber ganz und gar nichts davon beweisen. Das gilt wohl für alles Geistige, den das Prinzip Geist ist nicht greifbar, weshalb es ja auch Geist genannt wird. Was in einem Kopf vorgeht, kann nicht nachgewiesen werden, auch wenn Neurologen gerne Hirnpartien einordnen und behaupten, das diese spezielle Aufgaben haben. Menschen mit Hirnschäden durch Krieg, Gewalt oder Unfälle aber zeigen eindrucksvoll, das die Aufgaben der zerstörten Teile durch andere Partien des Gehirns übernommen werden können. Das Unbewusste kann daher auch keine Schublade sein, in der irgendetwas abgelegt werden kann. Und wie will dann der Arzt angesichts dieser Sachlage eine sichere Diagnose stellen und darauf eine Therapie aufbauen. Da sind doch der Auslegung, der Willkür und Interpretation nicht nur Tür und Tor geöffnet, sondern auch Behandlungen möglich, die fernab des eigentlichen Problems stattfinden. Freuds eigener Argumentation zufolge ist das Unbewusste ein theoretischer Begriff, der zur Fundierung des gewünschten Lehrgebäudes und der Ermöglichung tieferer Erklärungen dient. Dieser kann daher gar nicht kausal gewertet werden. Wenn die Theorie nicht stimmen sollte, was viele Theorien immer wieder eingeholt hat, ist doch das ganze Lehrgebäude der Psychologie, wie es sich heute darstellt, obsolet. Super.

Dabei hätte gerade die Situation, die zur Konzeption des Unbewussten führte – nämlich dass wir bei vielen Handlungen keine rationale Struktur, keine ausdrücklichen Gedanken, keine plausible Zwecksetzung, keine dezidierten Vorstellungen finden können – einen völlig anderen Schluss erlaubt: nämlich, dass wir solcher Akte nur in ganz bestimmten Fällen bedürfen. Das würde bedeuten: Dort, wo wir beim Handeln bewusst denken müssen, haben wir es im Laufe der Zeit auch gelernt. Doch dort, wo wir keinen solchen separierten Bewusstseinsakt finden, existiert offenbar keiner, auch nicht im Verborgenen. Diese einfache Einsicht hätte nicht zu der “Entdeckung” des Unbewussten geführt, sondern zu einer vertieften Kritik unserer Vorstellungen vom Geist, vom Wesen vernünftiger und unvernünftiger Handlungen. (Felix Annerl, e-Journal Philosophie der Psychologie)

  1. Beispiele: Anbaumethoden, Rezepte, Baupläne, Wahrscheinlichkeiten
  2. Straßen-Verkehrsordnung, Gesetze, Vorschriften
  3. Beispiele: „Wer ist ein Feind?“, „Was ist normal?“, Wer darf entscheiden?“, „Wer darf besitzen?“ usw.
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