Reflexionen über Autobiographisches

Ich will über das Wissen und Denken schreiben, das mich prägt. Dazu gehört die Rolle des Einzelgängers, der ich nie sein wollte und die mir sozusagen aufgezwungen wurde. Diese Entwicklung ist im Exkurs Mobbing, Bossing und Einzelgängertum autobiographisch am Anfang schon beschrieben. Familie, Ausbildung, Arbeitswelt und Freundeskreise sind die prägenden Motive der Seins-Ausrichtung heute. In Vergessenheit geraten zunehmend die Glaubensfragen der Religion, in die hineingeboren des Menschen Los ist als auch die gesellschaftlichen Ausrichtungen, die mit den Stichworten Gesinnung und Ideologie beschrieben und zusammenfassend als Weltsicht gelesen werden können.



Exkurs: Mobbing, Bossing und Einzelgängertum

Bein Nachdenken über mein Sein, mit anderen Worten über mein mir bekanntes Leben in der mir zugänglichen Umgebung fällt mir immer wieder auf, das meine Sichtweise auf die Welt sich von der der Mehrheit meiner mir bekannten Mitmenschen unterscheidet. Das hat, so zumindest ist meine zur Zeit vorherrschende Ansicht, wohl mit einer mangelnden Sozialisation zu tun. Diese leitet sich davon ab, das ich meine Person seit frühester Jugend als durch Familie, Mitschüler, Kollegen und zum Teil auch durch heute ehemalige Freunde ständig Mobbing- und Bossing-Kampagnen ausgesetzt sehen musste. Das hat mich in meiner Vorstellung zu einem Einzelgänger gemacht, der das Allein-Sein nicht fürchtet und der sehr gut ohne Gesellschaft und deren wenig gehaltvollen Gespräche auskommt. Dem entsprechend ist meine Weltsicht ganz anders geprägt als die der Menschen meiner Umgebung.

Ein weiteres Kriterium, das meiner Ansicht nach für mein Denken eine Rolle spielt ist mein über 49 Jahre ausgeübter Beruf, der etwas mit chemischer Analytik zu tun hat. In der Analytik ist ja eine systematische Untersuchung eines Sachverhalts oder einer Problemstellung das vorherrschende Thema. Was diese Prägung in dieser Richtung noch weiter verstärkte war die Entwicklung der Methodik in diesem Zeitraum, der von der analogen Bearbeitung der Ergebnisse in die digitale Datenverarbeitung überging und die zusätzlich noch mit einer Entwicklung in die maschinelle Analysentechnik verbunden war, in der Automation und komplexe Maschinen eine zunehmend vorherrschende Rolle spielten. Ein Trend nebenbei angemerkt, der sich bis heute fortsetzt und immer tiefere Einblicke in den Zustand zum Beispiel der chemischen Zusammensetzung einer Analysenprobe ermöglicht. Die dazu notwendigen Denkstrukturen haben sich tief in mein Denken eingegraben. Ich stelle immer wieder fest, das dieses Denken sich ganz wie von selbst auch auf andere Lebensbereiche überträgt. Ich würde das heute so formulieren, das eine sich etablierende Problematik von mir zunächst einmal in Gedanken bis auf eine von mir und meinem Wissen gebildete erreichbare Grundlage herunter gedacht und von dort aus eine sozusagen planvolle Auswahl und Reihenfolge getroffen wird, mit der die Arbeit angegangen werden kann. Diese Vorgehensweise ist für meine Mitmenschen im Gespräch oftmals eine sehr lästige, manchmal auch überhöht langweilige Angelegenheit, die oftmals nach wenigen Sätzen meinerseits entweder schnell unterbrochen oder durch einen Themenwechsel ausgeschaltet wird. Für mich hat das dann die Auswirkung, das ich meine Gedanken nicht zu Ende führen kann und hier und da etwas irritiert aus dem Gespräch aussteige, was meine Ausstrahlung als Einzelgänger noch verstärkt. Vielleicht soviel einmal ein paar Sätze zu meiner Selbstwahrnehmung in meinem Lebensgefüge. Ich schreibe das bereits am Anfang, damit der Leser, der über keine solche Vorprägung verfügt und daher gut und angemessen sozialisiert, sprich normal, ist, sich bereits im Vorfeld von dem Gedanken befreien kann, das mein Denken dem Seinen entsprechen müsse. Das ist meiner Erfahrung nach so nicht gegeben. Vieles, worüber sich Mitmenschen gerne unterhalten, interessiert mich wenig und ich höre mehr aus Toleranzerwägungen zu, beteilige mich aber nur wenig. Nun halte ich mein Denken, so könnte ein Eindruck entstehen, nicht für außergewöhnlich, im Gegenteil, ich würde einiges dafür geben, so zu sein wie es die Allgemeinheit heute gewöhnlich zeitigt. Das Leben als Einzelgänger ist nicht immer so erbauend, wie das oftmals etwas selbstverliebt dargestellt wird.

Meiner Beobachtungen nach ist Mobbing und auch Bossing in der heutigen Zeit durchaus eine normale Erscheinung. Als normal kann im Informationszeitalter das angesehen werden, was mit Regelmäßigkeit in die Film- und Medienwelt Einzug hält. Es gibt heute in Deutschland kaum einen Krimi, kaum einen Spielfilm, kaum eine Talksendung, in dem diese beiden Motive keine Rolle spielen. Also ich betrachte das mittlerweile als den Normalzustand unserer Gesellschaft. Ich sehe das nicht als eine Besonderheit an, sondern das ist ein Produkt unseres mehr rational geprägtem Denkens, das seine Sinnhaftigkeit zunehmend verliert und nur noch dazu in der Lage ist, die Herausforderungen des Alltag zu bewältigen. Mehr und mehr verliert die Frage an Bedeutung, woher wir kommen und wohin wir unterwegs sind. Das ist ein bedenklicher Zustand, der durch der Verlust ein zunehmend antisoziales Verhalten befördert, sprich dazu neigt, ein „nach mir die Sintflut“-Denken zu etablieren. Vielleicht ist es notwendig, die heute übliche Definition von Mobbing und Bossing zu präsentieren:

Im soziologischen Sinne beschreibt Mobbing oder Mobben psychische Gewalt, die durch das wiederholte und regelmäßige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Gruppe von Personen oder durch eine einzelne Person in überlegener Position [Anmerkung HpS: entspricht Bossing durch Vorgesetzte] definiert ist. Zu den typischen Mobbinghandlungen gehören u. a. Demütigungen, Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen, Zuweisung sinnloser Aufgaben und anderweitiger Machtmissbrauch, Gewaltandrohung, soziale Exklusion oder eine fortgesetzte, unangemessene Kritik an einer natürlichen Person oder ihrem Tun, die einer Tyrannei bzw. einem unmenschlich-rücksichtslosen Umgang gleichkommt. Wikipedia.org

Mobbing kann z. B. erfolgen in der Familie, in einer Peergroup, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Vereinen, in Wohneinrichtungen (Heimen) oder Gefängnissen, in Wohnumfeldern (Nachbarschaften) oder im Internet (Cyber-Mobbing). Wikipedia.org

Die gesundheitlich-ökonomischen Aspekte und Folgeschäden von Mobbing gelten als enorm und sorgen alleine in der deutschen Wirtschaft für jährliche Ausfälle in Milliardenhöhe. Gerade im Gegensatz zur im westlichen Kulturkreis weitgehend tabuisierten physischen Gewalt, wird verbale Gewalt und Mobbing weniger ernst genommen, und nimmt auch im populär gültigen Diskurs nur eine untergeordnete Rolle ein. Wikipedia,org

Bezeichnend in der Definition ist die Anmerkung, das im populär gültigen Diskurs das nur eine untergeordnete Rolle spiele und zunächst nur die wirtschaftlichen, nicht aber persönlichen Schäden genannt und präzisiert werden. Diese werden erst viel später in dem zitierten Artikel genannt, so spät meiner Ansicht nach, das nur wenige Interessenten das lesen werden:

Regelmäßige feindselige Angriffe rufen negative Gefühle und starke Verunsicherungen bei den Betroffenen hervor, was in der Regel nicht ohne Folgen auf ihr Arbeits- und Leistungsverhalten bleibe. 98,7 % der deutschen Mobbingopfer geben diesbezüglich negative Auswirkungen an. Am häufigsten nennen Opfer laut Mobbing-Report Demotivation (71,9 %), starkes Misstrauen (67,9 %), Nervosität (60,9 %), sozialen Rückzug (58,9 %), Ohnmachtsgefühle (57,7 %), innere Kündigung (57,3 %), Leistungs- und Denkblockaden (57,0 %), Selbstzweifel an den eigenen Fähigkeiten (54,3 %), Angstzustände (53,2 %) und Konzentrationsschwächen (51,5 %). Beruflich kann Mobbing zu Kündigung, Versetzung und Erwerbsunfähigkeit des Opfers führen. Wikipedia.org

Der dann gut gemeinte Rat, sich als Opfer zur Wehr zu setzen und sozusagen „das Ende des leichten Spiels“ zu signalisieren, was „eine Eskalation wahrscheinlich“ mache, kann ich nur belächeln. Diese Eskalation herbeizuführen ist doch gerade das Ziel des Mobs. Nehmen wir einmal einen Kollegenkreis von 8 Personen an, von dem 7 sich zu einem Mob zusammenfinden. Die entstehende Eskalation wird dazu führen, das erstens das Opfer zum Täter gemacht werden kann und zweitens, das der Vorgesetzte es einfacher findet, das Opfer zum Gehen aufzufordern, als sich mit dem Rest der Abteilung anzulegen. Wenn das Opfer eskaliert, ist Bossing die nahezu unweigerliche Folge. Das funktioniert nicht. Viel besser als Eskalation durch Angriff ist eine andere Vorgehensweise, die allerdings ein gefestigtes Selbstwertgefühl voraussetzt. Mobbing soll das Opfer diskreditieren, das Opfer zum Täter machen und so eine für den Mob bequeme Arbeitssituation schaffen, in der das Opfer immer mehr im Fokus steht. Wenn das Opfer statt sich aggressiv zu verhalten nun einfach damit beginnt, seine Arbeitsleistung deutlich zu erhöhen, sich stets nach außen freundlich und zuvorkommend verhält und damit die Kollegen automatisch in den Fokus rücken, die neben einer schlechten Arbeitsleistung auch noch Fehlverhalten zeigen und immer aggressiver vorgehen müssen, ohne Wirkung zu erzielen, sind die Erfolgsaussichten bedeutend höher. Des weiteren wird sich der Vorgesetzte zumindest nicht einseitig positionieren wollen, da die Arbeitsleitung des Opfers ja durchaus weiter gewünscht wird und es keinen Grund gibt gegen ihn vorzugehen. Nun verstehe ich, das diese Aussagen sich für sozial geprägte Menschen seltsam anhören. Für einen Einzelgänger wie mich aber, der a: allein zu sein gewohnt ist und der b: soziale Kontakte nicht unbedingt braucht ist das ein einfach zu realisierendes Verhalten. So zumindest habe ich lange Jahre lang ein Mobbing nach dem anderen in allen Etappen meiner Biographie ohne Schaden zu nehmen überstanden. Meiner Ansicht nach gibt es kein besseres Konzept zur Bewältigung dieser Unsitte. Aber auch der Socializer kann dieses Konzept verfolgen, ist er doch sowieso angesichts des Mobs am Arbeitsplatz wie im Beispiel zumindest vorübergehend in einer Einzelgänger-Rolle. Er hat die Wahl zwischen aufgeben, krank werden und kämpfen, und er sollte sich seine Waffen nach Kriterien der Erfolgsaussicht wählen. Ich habe stets zum Kämpfen gegriffen, bin nie erkrankt und habe alle Situationen, zu denen ich mich durch Mobbing gezwungen sah, so stets erfolgreich gemeistert.



Zurück zum Thema der Überschrift: In der Geschichte der Zivilisation spielten Glaubensfragen und Ideologien sehr lange eine prägende Rolle. Ich teile aber nicht die Ansicht, die sich nach der Aufklärung und dann in der Folge einer falsch verstanden Dekonstruktions-Mode gebildet hat, das die beiden genannten Motive keine Rolle mehr zu spielen haben sollten. Einerseits war die Aufklärung überwiegend damit beschäftigt, einen oberflächlichen Aberglauben zu beseitigen, andererseits bin ich der Ansicht, das man heute weite Teile der Dekonstruktion (nach Derida, Voucault) [1. Das Wort Dekonstruktion (vgl. französisch déconstruction ‚Zerlegung, Abbau‘; ein Portmanteauwort aus „Destruktion“ und „Konstruktion“) bezeichnet eine Reihe von Strömungen in Philosophie, Philologie und Werkinterpretation seit den 1960er-Jahren. Dekonstruktivisten bemühen sich um den Nachweis, dass – und vor allem: wie – ein Text seine Bedeutung selbst hinterfragt, durchkreuzt und gerade mit solchen Paradoxien Sinn schafft, z. B. durch Widersprüche zwischen inhaltlicher Aussage und sprachlicher Form. Die Methode der Dekonstruktion ist ein kritisches Hinterfragen und Auflösen eines Textes im weiteren Sinn. Wikipedia.org], die ja die Grundlage der Postmoderne darstellt, falsch verstanden hat. Dieses besteht in meiner Sichtweise in der Tatsache, das sich gerade bei den Eliten der westlichen Gesellschaft (Politik, Medien, Manager) ein „Pippi-Langstrumpf-Denken“ breitgemacht hat, das Konjunktiv und Realität oftmals nicht mehr unterscheidet. Ich persönlich halte es für wichtig, das der gesellschaftlich aktive Mensch sich selbst zu einer Weltsicht bekennt und durchaus Grund hat, auch über die Sinnhaftigkeit des Lebens nachzudenken. Glauben und Wissen sind heute in einer seltsamen Mischung ineinander verzahnt und nur noch wenige Menschen in Deutschland trennen diese Motive voneinander. Bei Glauben kann man unterscheiden zwischen Religion, Ideologie, Weltsicht, Wissenschaft und Narrativen. Da keine der Genannten auf absolutem Wissen beruht, unterliegen sie Setzungen. Sie alle verherrlichen entweder Gott, Götter, Menschen, Konzepte und Regeln, auf die sich Gruppen von Menschen geeinigt haben, um zusammen leben zu können. Mir persönlich war es stets ein Rätsel, wie zum Beispiel der Inhalt eines Buches über viele Jahre hinweg zu einer Offenbarung werden kann, wenn es doch Dutzende solcher Schriften gibt, die sich aller Regel nach immer widersprechen und die sich in der Summe absolut nicht auf eine Linie bringen lassen. Ein weiteres Rätsel meinerseits liegt in der Neigung, ausgesuchte Menschen wie Götter zu verehren (Groupies, Anhänger, Guru-Schüler) und diesen einen Zugang zu einer wie immer gearteten Wahrheit zuzuschreiben. Woher kann ich denn die Sicherheit nehmen, das meine Auswahl richtig ist? Da ich keine Vorlage haben kann, die des Vertrauens sich als würdig erweist, bin ich doch stets gezwungen, mir selbst eine Richtlinie zu erschaffen. Diese muss abgeglichen sein mit der Umgebung, in der ich mein Leben leben möchte. Abgeglichen heißt aber nicht, das ich den ganzen Schriftsatz, den ganzen Aussagen-Salat, der die Ausrichtung der Gesellschaft bestimmt, auch für mich gültig sein muss. Nur in gesellschaftlichen relevanten Motiven muss ich Regeln befolgen. Beispiele dafür sind die Verkehrsregeln, die Streit zu vermeiden suchen und natürlich die strafbewehrten Gesetze, die sich die Gesellschaft gegeben hat. Was allerdings gesetzlich nicht geregelt ist, steht mir frei zu tun, zu denken und zu leben. Zumindest halte ich das für den Grundsatz eines Rechtsstaates, der Deutschland ja sein will. Ich darf einer der Allgemeinheit abweichenden Ansicht sein, darf diese Ansicht kommunizieren und mein Leben so gestalten, wie es mir gefällt. Was ich nicht darf ist einzig und allein, nicht gegen Gesetze zu verstoßen, auch wenn mir diese mal nicht zusagen sollten. Die sprichwörtliche Sitte, also die ehemals geliebte Ehre, die rechte Gesinnung, die gültige Ideologie und dergleichen sind/sollten dabei ohne Bedeutung sein. Kurz gesagt ist einer meiner Grundsätze, nicht gegen Gesetze zu verstoßen. Das sorgt gewöhnlich für einen ruhigen Schlaf und erzeugt wenig Ablenkung. Das zumindest ist eine meiner Grundeinstellungen.



Und natürlich stet es jedem frei, zu glauben was immer er auch mag. Ich zum Beispiel gestehe dem Leben einen Sinn zu, der von „was auch immer“ irgendwie gewollt ist. Ob Leben durch eine Schöpfung entstanden ist, durch Zufall, durch die Folgen eines Urknalls oder ein sonstiges Ereignis ist für mich wenig interessant. Es wird auf jeden Fall einen Grund geben. Das genügt mir vollkommen. Wenn Leben einen Grund hat, verfolgt es auch irgendeine Absicht. Diese Schlussfolgerung ist unabdingbar. Was ich zu erkennen glaube ist auf jeden Fall, das Leben sich entwickelt. Das tut es seit Anbeginn der Geschichtsschreibung und wird es wohl auch weiterhin tun. Was davor war ist ungewiss. Das wir das Ende der Entwicklungsgeschichte erreicht haben, wie uns manche Wissenschaftler suggerieren wollen, halte ich für aus der Luft gegriffen. Wie sich das Leben zumindest des Menschen wohl entwickelt hat, kann nach heute vorherrschender Sichtweise an der Entwicklung des Nachwuchses abgelesen werden. Andere Möglichkeiten stehen uns nun einmal nicht zur Verfügung. Daher ist es verständlich, das man sich gerne daran orientiert, aber auch das ist durchaus nicht zwangsläufig. Das dabei dann Auslegungen und Normierungen vorgenommen werden, ist ebenfalls verständlich, aber diese sind ebenfalls nicht gesichert nachvollziehbar und für jeden schnell erkenntlich. Kurz gesagt schließe ich daraus, das wir nicht wissen können, wie sich unsere Entwicklung vollzieht und wohin wir unterwegs sind. Das wir aber als Art in einer Entwicklung unterwegs sind, halte ich allerdings für eine beweisbare Schlussfolgerung. Und wie wir leben sollen/müssen, erschließt sich aus den bisher genannten Kriterien nicht. Daher bevorzuge ich ein Offen-Sein zu Glaubens- und Weltsichtfragen und lege mich auch nicht fest. Auch die Wissenschaft hat in meinen Augen eine bedeutende Glaubenskomponente. Dazu später. Das ich wie jeder andere auch eine bevorzugte Sichtweise zum bisher Gesagten habe, ist ebenfalls verständlich und menschlich. Ohne Orientierung geht es nicht lange gut. Aber festgeklopft ist für mich diese Sichtweise nicht. Schon morgen kann das bei mir ganz anders aussehen. Im nächsten Abschnitt beschäftige ich mich mit der zur Zeit für mich zutreffenden Sichtweise und deren Hintergründe. Allerdings halte ich es für notwendig, das bisher Gesagte kurz zusammenzufassen:

Wir wissen nicht woher wir kommen und wohin wir gehen.

Wir können aber gesichert wissen, das sich Leben entwickelt. Diese Entwicklung ist nach wie vor im Gange.

Die Vielheit der Glaubensrichtung lässt nur den Schluss zu: Wir wissen nicht, welche davon richtig ist. Daher ist Offenheit diesbezüglich angebracht.

Wir sollten der Friedlichkeit des Zusammen-Leben-Müssen’s wegen die Gesetze der Gemeinschaften, denen wir angehören, befolgen.

Auch wenn wir nicht wissen können, sollten wir uns doch zumindest im Denken einen Sinngehalt erarbeiten.

Ein gerne zitiertes Sprichwort sagt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, was nichts anderes sagen möchte, als das das Motiv Hoffnung ein Sinngebendes ist. Die Frage dazu ist dann doch wohl die, das wir uns damit beschäftigen müssen, wie wir es anfangen, diese Hoffnung nicht sterben zu lassen. Wir brauchen als allerletztes Mittel doch diese Hoffnung, wenn wir ein lebenswertes Leben führen und nicht in Verzweiflung und Depression versinken wollen. Lebenswert ist ein Leben dann, wenn wir für unseren Lebensinhalt Interesse aufbauen können. Nach Hüther [1. Gerald Hüther ist ein deutscher Neurobiologe. Er publizierte insbesondere zur experimentellen Hirnforschung und ist Autor populärwissenschaftlicher Schriften. Wikipedia (DE)] ist das die Einstellung, die ein ruhiges und spannendes Lebensgefühl vermittelt, dem ein Mensch sich auch gerne aussetzt. Also müssten wir uns für unsere Mitmenschen interessieren, für unsere Gesellschaft ebenso und daher auch für die vielen kleinen und großen Fragen, wie das alles gestaltet werden könnte. Wie schon oben beschrieben, sind strafbewehrte Gesetze zumindest heute das einzig wirkliche Fundament, mit dem das Zusammenleben von Millionen von Menschen gestaltet werden kann. Und diese Gesetze müssen klar und einfach sein, damit sie auch jeder verstehen kann. Nicht alle Menschen sind mit einer hochentwickelten Ratio ausgestattet. Es gibt eben auch Träumer und Bildungsferne (so heißen die einfachen Leute in den Augen der Elite wohl heute immer noch). Für mich ist das einfache Leben noch immer ein hohes Gut, denn selten ging von dieser Menschengruppe ein Unheil aus. Es waren stets Könige, Fürsten, Ideologen, Missionare und andere Machtbesessene, die zu großen unheilvollen Aktionen sich berufen fühlten und das einfache Volk dazu missbraucht haben. Wir kennen sie doch alle, die Eroberer, Entdecker, Revolutionäre, Forscher, Staatenlenker, und wie sie sonst noch in den Geschichtsbüchern weltweit erscheinen. Schreiben diese Geschichtsbücher auch über die Menschen, die die großen Kathedralen mit ihren Händen erbaut und dabei gestorben, die die Reiche mit der Waffe in der Hand erkämpft und dabei gestorben, die die großen Erfindungen und ihre Anwendungen ausgeformt und an den Folgen gestorben sind und die die großen Theorien unter Einsatz ihres Lebens verwirklicht haben. Was haben die großen Erfindungen alles hervorgebracht, nehmen wir ein paar Beispiele, die besonders eklatant und prägend sind zu Hilfe: Schießpulver, Dampfmaschiene, Dynamit, TNT, Atomkraft, Digitalität und Internet auf der einen, der Webstuhl, die Heizung, der Hausbau, Lesen und Schreiben und die Aufklärung auf der anderen Seite. Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist doch die: Haben sich die Erfinder von Dynamit und Atomkraft nicht ausrechnen können, wozu ihre Erfindungen wohl führen werden? Warum wohl wurde das Internet entwickelt? Damit sich Menschen informieren können? Weit gefehlt, es war das US-Militär, das diese Technik haben wollte, um seine 1000 Stützpunkte auf der Weltkugel miteinander verbinden zu können. Und auch die Erfinder der „guten“ Techniken haben die Auswirkungen ihrer Arbeit wohl nicht wirklich bedacht. War zum Beispiel die Abtrennung der Menschen von der Natur wirklich so sinnvoll, wie das in zugepflasterten Großstädten heute leicht zu beobachten ist? Ich will diese Fragen gar nicht beantwortet haben. Sie spielen für mich keine Rolle (mehr).



Erfahrungsgemäß können Innovationen (neudeutsch für Erfindungen jeglicher Art) so gut wie nie mehr zurückgenommen werden. Schon der Versuch, heute (2024) mal für einen Monat oder zwei das Smartphone wegzulegen oder unbenutzt zu lassen, erweist sich als extrem schwierig. Wie auch immer, ich denke, das sich nichts an Technik zurückdrehen lassen wird. Wir werden daher wohl oder übel damit leben und es daher auch vernünftig verwenden müssen. Das geht nicht ohne Anstrengungen, Einschränkungen und erfordert eine bevölkerungsweite Verbreitung von Bildung. Das aber wird ohne Haken und Ösen nicht möglich sein, und wird daher den Begriff Freiheit, wie wir ihn heute immer noch verstehen, massiv einschränken müssen. Wir sehen das in den heute üblichen Bildern, die Strukturen zu zerschlagen versuchen und mehr und mehr in eine sehr verworren daher kommenden Woke-Kultur [1. Woke (englisch für „aufgewacht, wach; aufmerksam, wachsam“) ist ein im afroamerikanischen Englisch in den 1930er Jahren entstandener Ausdruck, der ein „wachsames“ Bewusstsein für mangelnde soziale Gerechtigkeit und Rassismus beschreibt…Laut Duden bedeutet woke: „in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung“. Zudem wird der Ausdruck woke inzwischen von Konservativen und Rechten als anti-wokeness politisch instrumentalisiert und – wie die Ausdrücke politische Korrektheit, Cancel Culture und Social Justice Warrior – mit negativer Konnotation zudem häufig sarkastisch verwendet, um Linke und ihre Ziele abzuwerten. Wikipedia.org] mündet. Diese scheint zunehmend aus den Begriffen Wahrheit und Realität auszusteigen und beginnt, eine extrem dualistische Spaltung in der Gesellschaft auszugestalten, in der zum Beispiel eine „sich verloren glaubende Jugend“ um ihre Zukunft sorgt, wo Frauen gegen Männer, Linke gegen Rechte, Öko-Krieger gegen Konsumenten kämpfen und so weiter. Für mich persönlich ist Woke eine rechthaberische und wenig mitfühlende Kultur, da sie generalisierend den Anderen nicht mehr als anders toleriert, ihn bekämpft und dabei weit über das Ziel hinausschießt. Es gibt nach wie vor Ungerechtigkeiten, ja sicher, aber diese sind mit Kampf, Protest und Diskriminierung Anders-Denkender nicht zu beseitigen. Um in geisteswissenschaftlichen Begriffen zu beschreiben, was geschah, was gerade geschieht und wohin es sich entwickelt sind wir Menschen gerade dabei, eine neue Stufe des Bewusstseins zu entwickeln, der ich mich seit Jahrzehnten schon zugetan fühle. Dabei geht es, um zeitgeschichtlich zurückzuschauen, auf der Aufklärung [1. Der Begriff Aufklärung bezeichnet die um das Jahr 1700 einsetzende Entwicklung, durch rationales Denken alle den Fortschritt behindernden Strukturen zu überwinden. Wikipedia.org] aufbauend über die Ebene der Moderne [1. Moderne bezeichnet historisch einen Umbruch in zahlreichen Lebensbereichen gegenüber der Tradition, bedingt durch Industrielle Revolution. Wikipedia.org], und der Postmoderne [1.Im engeren Sinn ist die Postmoderne eine umstrittene politisch-wissenschaftlich-künstlerische Richtung, die sich gegen bestimmte Institutionen, Methoden, Begriffe und Grundannahmen der Moderne wendet und diese aufzulösen und zu überwinden versucht.] in eine Phase hinüber, die mittlerweile mit dem Wort Meta-Moderne [1. Die „Metamoderne“ als Begriff entwickelte sich zuerst unabhängig voneinander in verschiedenen Diskursen in Kultur- und Sozialwissenschaften sowie Philosophie. Inzwischen bezeichnet der Begriff auch eine sich derzeit herausbildende neue Kultur und Epoche, welche zwischen Aspekten der Moderne und der Postmoderne vermittelt, beider Vereinseitigungen bzw. Verdrängungen vermeidet und ihre progressiven Züge integriert. In diesem Sinne geht die Metamoderne über die Moderne und Postmoderne sowie beider Krisen hinaus und eröffnet neue Entwicklungspotenziale von Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Wikipedia.org] beschrieben wird. Die verschiedenen Stadien der Moderne gehen einfacher formuliert über die Versuche, alle Probleme wissenschaftlich-technisch zu lösen und deren Negation über eine Sphäre, die den Geist, der Kultur und dem Narrativ immer größere Spielräume zugesteht in eine übergreifende Sichtweise, die das Materiell-Körperliche der Moderne mit der gegenteiligen Ebene des rein Geistigen der Postmoderne zu verbinden sucht zu einer mehr umgreifenden Sichtweise, die wir gewöhnlich als „Ganzheitlich“ bezeichnen. Allerdings ist dieser Begriff heute schon etwas abgenutzt, da er von der Industrie in mehreren Sparten zur Gewinnmaximierung durch Werbung aufgegriffen wurde. Nun ist die Metamoderne noch im Anfangsstadium ihrer Entwicklung. Der Großteil der Gesellschaft westlicher Prägung befindet sich nach wie vor in der Moderne wieder, die jüngeren Generationen gehen mehrheitlich immer stärker zur postmodernen Haltung über und der Anteil derer, die Metamodern zu denken vermögen, ist nur im unteren einstelligen Prozentbereich angesiedelt. Sie erscheinen in der Geselligkeitswelt oftmals als sonderbar, einzelgängerisch und wenig Mainstream-sozialisiert, da sie sich durch ihre Mischung aus Selbstbewusstheit und Mitgefühl selbst auszugrenzen scheinen, das aber auch müssen, um in der ihnen fremden Mehrheitswelt überleben zu können. Als Einzelgänger wider Willen stehe ich dieser letztgenannten Gruppierung deutlich näher als gegenüber der großen Mehrheit, die mich ja zum Einzelgänger gemacht hat. Richtig zugehörig aber fühle ich mich nach wie vor zu keiner dieser Gruppen. Fassen wir noch einmal zusammen, was bereits geschrieben wurde und ergänzen das weiter oben Ausgeführte:

Wir wissen nicht woher wir kommen und wohin wir gehen.

Wir können aber gesichert wissen, das sich Leben entwickelt. Diese Entwicklung ist nach wie vor im Gange und sie schreitet zur Zeit von der Moderne über die Postmoderne zur Metamoderne.

Die Vielheit der Glaubensrichtung lässt nur den Schluss zu: Wir wissen nicht, welche davon richtig ist. Daher ist Offenheit diesbezüglich angebracht. Auch die Rückbesinnung, die Woke-Kultur, die Wissenschaften selbst und auch das postmoderne Denken erfüllen die Kriterien einer Religion im weitesten Sinne.

Wir sollten der Friedlichkeit des Zusammen-Leben-Müssen’s wegen die Gesetze der Gemeinschaften, denen wir angehören, befolgen. Dazu gehört auch, im Protest und im Anders-Sein-Wollen nicht über die Grenzen des Vereinbarten hinauszugehen.

Auch wenn wir nicht wissen können, sollten wir uns doch zumindest im Denken einen Sinngehalt erarbeiten. Dazu ist es notwendig, die Entwicklung des Prozesses zu begreifen, in dem wir uns gerade vorwärts bewegen und die Motive zu erkennen, die uns noch offen stehen und die daher zu erarbeiten sind.

Für mich ist die Entwicklung der mir noch offen anmutenden Motive von möglichen Lebensinhalten ein großes und Zeit-füllendes Anliegen. Informiert sein, zu verstehen, wo wir stehen, wohin wir gezogen werden, was zu tun und zu lernen ist und welche Ursachen diese Situationen aufweisen sind für mich daher unabdingbar. Daher beschreibe ich, was ich sehe, was ich missbillige, was ich erkenne und welche Gedanken dazu mir im Sinn erscheinen. Es ist wichtig für mich, meine Entwicklung voranzutreiben. Aber ich möchte das tun, ohne mich an vorgefertigten Erzählungen zu orientieren. Zugegeben, oftmals ist es der Zufall, vielleicht aber auch Intuition, die mich zu einem weiteren Thema vordringen lässt und das ich dann mit Akribie und Hartnäckigkeit zu erfassen suche. Manche Erkenntnis erwächst aus Körperübungen wie Yoga, andere erscheinen aus Träumen oder Meditationen, die häufigsten allerdings keimen auf nach einem einfachem Sitzen in Stille. Körper und Geist sind für mich nicht getrennt zu erfahren. Sie sind eine Einheit, die sich zwar in Polaritäten ausdrückt, aber sich nie irgendwie klar definiert und einseitig zeigt.

Nun, was erschließt sich aus dem Beschriebenen für mein Leben? Das ist ja der eigentliche Sinngehalt des Autobiographischen. Ich habe ein 70 lange Jahre andauerndes Leben hinter mir, bin seit fast 7 Jahren im Ruhestand und erlebe mich Tag für Tag in einem ausgefüllten und gut strukturiertem Leben. Ich bin gesund, habe ein ausreichendes Einkommen und verfüge trotz vieler Termine durch meine Yoga- und Gymnastikarbeit sowie den alltäglichen Aufgaben über genügend Zeit, meine Gedanken ziehen zu lassen. Daran gibt es nichts auszusetzen. Auch über dem immer näher kommenden Ende meines Lebens sehe ich ohne Sorgen entgegen. Ich habe weder Abhängigkeiten noch Verpflichtungen aufgebaut, die durch meine Abwesenheit kürzerer, längerer oder auch endgültiger Art erheblichen Verlust hinterlassen könnten. Weiterhin habe ich keinerlei Reichtümer angehäuft, die verteilt und erstritten werden müssten, hinterlasse weder Schulden noch andere zu erfüllende Verträge und die wenigen Dinge in meinem Besitz werden sich schnell verteilen lassen. Selbst für meine Bestattung habe ich genug Geld angespart. Ich sehe dem Tod, dem ich nicht entweichen kann, gelassen entgegen. Er wird meine letzte große Reise werden, und ich bin gespannt, wohin es mich befördert, falls überhaupt. Trotzdem werde ich um jeden Tag kämpfen, denn ich habe beschlossen, steinalt zu werden und keine Flinten ins Korn zu werfen. Was mir bleibt, ist doch zuerst, mich um die Abteilungen meines Seins zu kümmern, die diese letzte Reise antreten werden. Das wird kein Haus, kein Garten, keine Firma und keine von mir abhängigen Person sein, sondern einzig und allein das bisschen Geist, das ich mein eigen nenne und diese Reise wohl ganz allein antreten wird. Zumindest sah ich bisher niemand vor mir gehen, der etwas anderes als seinen Geist auf die Reise geschickt hat. Und diesen Geist möchte ich in guter Verfassung, gut vorbereitet und schlagfertig eingerichtet los senden. Dazu muss dieser geklärt, unabhängig ausgeformt und gut ausgestattet sein mit allem Wissen, das auf dieser Welt noch zu ergattern ist. Viel ist es ja nicht gerade, aber immerhin, es gibt jeden Tag Neues und Interessantes hinzuzufügen. Und das wird mein Arbeitsgebiet sein, solange ich noch denken kann, sei es durch Studien, sei es durch Reisen, durch Schreiben, durch Yoga und andere Übungsformen, durch Meditation und Zazen und natürlich im Alltag mit seinen immer wiederkehrenden Verpflichtungen. Da gibt es noch viel zu tun, finde ich. Und wenn das Angenehme durch etwas Nützliches ergänzt werden kann, werde ich das auch noch angehen. Zum Kämpfen ist der Mensch in meiner Vorstellung niemals zu alt. Wir sollten es auch gebrauchen.

Wahrscheinlich ist der Satz „Ich weiß nicht wirklich, warum oder wieso wir sind, aber es erscheint mir gut zu sein so, wie es ist“ für mich der Quell meines Weitergehens. Ich bleib’ noch eine lange Weile dran, versprochen.