Haben wir verlernt zu sein?

Haben wir Menschen verlernt zu sein? Immer wenn ich in meinem Garten stehe und unseren fliegenden Mitbewohnern der Welt zusehe, die hier gerade ihren Nachwuchs aufziehen und alle Schnäbel voll zu tun haben, habe ich im hintersten Teil meines Kopfes mein eigenes „In der Welt sein“ im Kopf und ziehe Vergleiche. Und da ich seit meinem Ruhestand sehr viel mehr Zeit zur Verfügung habe, stehe ich des öfteren mal in meinem Garten und schaue.



Alles um mich herum scheint bemüht zu sein. Die Nachbarn putzen, mähen, reparieren, jäten und gestalten Haus, Hof und Garten, die Insekten streben von Blüte zu Blüte und sammel für sich und ihr Volk, die nistenden Vögel sind fleißig bestrebt, ihrem Nachwuchs Futter ins Nest zu bringen, die Eichhörnchen sausen durch die benachbarten Bäume und suchen beziehungsweise verstecken ihre Nüsse, im benachbarten Kleingarten wird fleißig gehämmert und gestaltet, und von Zeit zu Zeit überfliegt ein startendes Flugzeug das Haus und überfüllt das Ohr mit Tönen.

Wie gut es mir doch ergeht, gerade jetzt, wenn ich schaue und lausche. Mein Garten ist nicht gerade gut gepflegt. Die Ausnahme bilden die Blumenkästen, Beete und Töpfe, für die sich meine Partnerin verantwortlich fühlt. Meine Ecken einschließlich der Rasenfläche scheinen in einem Wildwuchs befangen zu sein, der sich nicht in geordneten Bahnen abspielt. Ich habe mich oft gefragt, was eigentlich diese Ordnung, die wir kollektiv anzustreben scheinen, eigentlich bedeutet. Viele Vorgärten in meinem Bezirk sind mit Steinen ausgelegt, auf und zwischen denen nichts zu wachsen scheint. Die Gärten hinter den Häusern sind kurz gemäht und weder eine Gänseblümchen-Kolonie noch der Gemeine Feinstrahl, weder Ochsenauge noch Schafgarbe haben dort eine Chance zu wachsen. Ist das, frage ich mich oft, denn im Sinne der Natur, die jeder Kreatur doch ein Leben ermöglichen möchte. Ich habe daher unlängst beschlossen, Ordnung anders aufzufassen, den samstäglichen Rasenmäher so einzustellen, das zumindest die kleinen Blüten stehenbleiben können und ich mähe nur dann, wenn Regen ansteht, die Wurzeln aller Pflanzen meines Gartens nicht durch die Sonne austrocknen können und ihnen so eine Möglichkeit bleibt, erneut ihr Wachstum gen Himmel zu richten. So sind mein Rasen, sind die Beete meiner Partnerin immer mehr zu einer Schutzzone, einer Lichtung und einer Wiese geworden, ein belebtes Refugium, das immer größeren Zuspruch zu bekommen scheint. Falter, Bienen, Wespen, Mücken und Hummeln gibt es hier zuhauf, und viele Vögel nutzen die Wiesenfläche zur Futtersuche und besuchen die Wasserstellen, die ich aufgestellt habe, zum Trinken und auch zum Baden. Und oftmals, wenn ich bemerke, das Kandidaten auf Futtersuche oder mit Durstgefühl meine Anwesenheit stört, verziehe ich mich dann hinter meine Fenster und schaue durch die Spalten der Gardinen, was sich dann dort draußen so alles abspielt. Oft bemerke ich dann, das sich kleines Getier auch an der Scheibeninnenseite tummelt, mit oftmals spürbarer Verzweiflung den Weg nach draußen sucht und nicht findet. Ein Glas mit Bierdeckelabdeckung hilft dann in letzter Konsequenz, oftmals mit Widerstand und Panik des Eindringlings verbunden, den Transfer nach draußen doch noch zu erlangen. Ich frage mich dann, ob sie bemerken, das ich helfen will, oder ob sie nur wütend sind ob der kurzen Dauer ihrer Gefangenschaft.

Wir Menschen tragen dasselbe Leben in uns, das die Tier- und Pflanzenwelt da draußen auch trägt, dem sie wie wir auch folgen und das sie zu verwirklichen helfen. Trotzdem schütze ich auch im Angesicht dieses Wissens mein Heim, zumindest im Innenbereich, vor lebenden und nicht eingeladenen Gästen. Ich fange sie ein und setze sie, wie bereits erzählt, nach draußen und ich weiß nicht, ob sie das auch wollen, wünschen und ob sie froh darüber sind. Überhaupt schützen Menschen ihr Refugium mit absoluter Härte, und diese wachsen und wachsen und wachsen und schränken immer mehr die Welt des anderen Lebens ein. Nun, andere Lebewesen tun das auch, nur scheinen sie nicht so gierig und so erfolgreich zu sein, zumindest im Vergleich mit dem Menschen. Haus, Hof, Geschäft und Garten wachsen überall, und die darin zu erhaltende Ordnung, die aus vielen Dingen besteht, nimmt immer mehr Zeit in Anspruch, Zeit, von der der Mensch heute sagt, das sie knapp bemessen und stets als zu wenig vorhanden wahrgenommen wird. Ist dem so? Oder ist es vielmehr die allseits zu pflegende Ordnung, die Zeit verknappt? Die steinernen Gärten wurden angelegt, da sie wenig Arbeit machen, also wenig Pflege benötigen. Sie sehen an jedem beliebigen Tag immer gleich aus, weil: Sie leben nicht. Mein Garten hingegen sieht jeden Tag anders aus: Neue Blüten und neue hungrige Insekten, neue Larven entwickeln sich und bieten Nahrung für unsere singenden fliegenden Mitbewohner, überall wuchert es und wächst. Was viele Wochen von Gänseblümchen übersät schien, wird plötzlich gelb. Schlüsselblumen und andere Gewächse tauchen auf, die Schafgarbe dazwischen leuchtet weiß, und sogar Kreuzblumen lassen sich hier und da mal blicken. Und ich scheue mich, das alles mit dem lautstarken Rasenmäher, der zusätzlich noch die nistenden Vögel stört, zu zerfetzen und auszumerzen. Das ist doch Leben, das sich müht, und meine Ordnung ist doch nicht die ihre. Und die Halme stören mich doch nicht, im Gegenteil, es ist bunt, immer wieder neu und spannend.



Was ich beobachten kann ist doch, das sich keine Blume scheut neben einer anderen Art zu wachsen, das unterschiedliche Vögel im gleichen Baum brüten und Hummeln, Bienen, Wespen und andere an der gleichen Blüte sich laben. Was also ist los mit uns Menschen? Und ich nehme mich selbst dabei nicht aus. Warum sind wir so anders als die anderen Träger des Lebens. Sogar der Löwe in Afrika schläft friedlich inmitten einer Zebraherde, deren Mitglieder sich zwar respektvoll im Abstand zu ihrem Fressfeind aufhalten, aber sicher zu sein scheinen, das Löwen nur dann gefährlich sind, wenn sie Hunger haben. Ich denke, beim Menschen als Feind wäre das anders. Da gibt/gäbe es keine Ruhephasen und daher auch keine Sicherheit. Kein anderes Wesen baut Zäune oder Burgen, zumindest nicht so dimensioniert wie in menschlicher „normaler“ Größe. Wenn ich mich in meiner Straße so umschaue, leben wir als Familie oder Paar in kleinen Gefängnissen, und wenn wir unseren Aufenthaltsort wechseln möchten, nutzen wir kleine Gefängniskästen, um dorthin zu gelangen. Alles ist eingezäunt und jedes Refugium ist mit hohen Heckenwällen sogar vor dem Blicken der anderen verborgen. Wir behaupten zwar, Sozialwesen zu sein, wohnen aber in abgeschotteten Zellen, die einem Gefängnis ähnlich sind. Und ja, auch ich bewohne eine solche Zelle, und ich habe voller Erstaunen tatsächlich erkannt: Ich bin gerne darin.

Ich denke immer wieder darüber nach, warum alles so ist wie beschrieben, und auf welcher Grundlage, auf welcher Kausalität das beruhen könne, was ich täglich sehe und erlausche. Haben Menschen unter sich Angst davor, sich zu begegnen, haben sie als Menschen Angst vor dem anderen Leben? Habe ich auch Angst vor den/dem Anderen? Als Einzelgänger, der ich (geworden) bin ist dieser Schluss doch naheliegend. Ist eigentlich das Abschotten, das Ordnung halten und sich schützen vor dem Anderen eine typisch menschliche Eigenschaft, und woher kommt diese Eigentümlichkeit, die uns vor allen anderen Wesen allein stellt. Was ist das Unbekannte hinter diesen Erscheinungen, denn wenn solche Fragen auftauchen können, wie ich sie gerade stelle, wissen wir doch/noch nicht?

In der Absicht, mit einem Zen-Meister über diese Frage zu sprechen, habe ich kürzlich in einem Gespräch angemerkt, das „ich Angst habe vor…“, und er antwortete kurz und prägnant mit der Aufforderung, ob ich diese Angst denn beschreiben könne. Ich konnte es nicht, und er beendete das Gespräch mit der Feststellung, das ich überhaupt keine Ahnung habe über meine Angst… Ich habe das als Aufforderung verstanden, das ich mir Gedanken machen solle über meine Ängste und so weiter. Das habe ich getan. Und ich bin erschüttert über die Kümmerlichkeit, die darüber zu Tage trat. Heute, Monate später, könnte ich etwas über meine Angst sagen. Heute ist mir auch klar, warum ich die Anfrage nicht beantworten konnte. Und mir ist klar, das es nicht in meiner Macht steht, diesen meinen Kummer wirksam zu beenden. Es ist nämlich nicht der andere Mensch, nicht das andere Wesen, nicht die Angst vor eigenem Versagen, Unwissen oder eigenem Verlust, der mich mehr als gewöhnlich umtreibt, sondern es ist wahrscheinlich einzig und allein die Angst vor der Angst der anderen Menschen, die mir Kummer bereitet. Ich sehe sie, wohin ich schaue, jeden Tag, jede Stunde. Ich versuche mal, das aus der ganz persönlichen Lebensgeschichte zu erklären.

Angst beruht wie nahezu alles auf unserer Welt auf einem Begehren, etwas zu erlangen, zu behalten oder der Option, über etwas verfügen zu können. Während die ersten beiden relativ einfach zu verstehen sind, ist das dritte Motiv ein sehr schwer zu beschreibendes Phänomen menschlichen Denkens. Über „etwas verfügen zu können“ nämlich ist nicht klar definierbar. Ich kann das Begehrte ablehnen, annehmen, nutzen, in Bereitschaft halten, für später aufheben und so weiter. Das ist die einfache Sichtweise, noch gut zu verstehen. Aber ich kann auch über etwas verfügen wollen, um das Gegenteil der letzten Aufzählung zu erreichen, zum Beispiel, etwas abzulehnen, um es zu bekommen, kann versuchen, etwas zu erlangen, um es nutzlos zu machen, kann über etwas verfügen nur deshalb, um mit dessen Anwendung drohen zu können oder etwas nur deshalb haben wollen, damit es andere nicht haben können. Man nennt diese Vorgehensweisen gerne Taktik, Strategie oder Intelligenz, und alle diese Formen der Täuschung haben vereinfacht ausgedrückt etwas mit Macht zu tun, Macht, auf andere Wesen einzuwirken oder sie zu Gunsten eines Begehrens manipulieren zu können. Und die oben genannten Optionen dieses menschlichen Könnens sind ja noch die einfachen Formen. Ich kann ja auch etwas annehmen, was ich nicht begehre, weil ein Freund, den ich nicht enttäuschen möchte (…weil ich ihn irgendwie brauche) annimmt, das ich es für mich wünsche müsse, obwohl genau das nicht zutrifft. Ich kann auch etwas ablehnen, was ich begehre, weil ein Feind, den ich enttäuschen möchte (…um ihn zu schwächen), annimmt, das ich es für mich wünsche müsse, was auch zutrifft. Und das sind nur zwei Motive aus einem ganzen Portfolio an Möglichkeiten.

Was mir also Angst macht und Sorge zu bereiten scheint ist die Fülle dieser nicht nachvollziehbaren Irrationalitäten und Täuschungsmöglichkeiten, denen Menschen in Gesellschaften immerzu ausgesetzt sind. Und niemand kann sich sicher sein, das er mit diesem Wissen im Gepäck jemals wieder eine richtige und sinnvolle Schlussfolgerung ziehen kann. [1. Das heute ganze Armeen von Wissenschaftlern dieses Wissen durchforsten, aufarbeiten und erweitern hat eben nicht zu Lösungen geführt, wie das alle anzustreben scheinen, sonder es ist eher ins Gegenteil umgeschlagen. Mechanismen, die etwas verhindern sollen, können auch zur Erzeugung desselben genutzt werden. Und genau das sehen wir heute in unübersehbarer Dichte.] Was daraus resultiert ist eine permanente Abwesenheit von Sicherheit. Diese wird, und das erzählen nahezu alle Traditionen der Menschheit, abgefedert und verdeckt durch eine Fülle von Vorstellungen und Gewohnheiten, die in Form von Normen und Urteilen diese Fülle auf Übersichtlichkeit reduzieren. Sie vermitteln Handlungsanweisungen mit dem Mitteln von Erzählungen, Sitte, Moral, Tabus, Gesetze und Ideen, die vorgefertigt die Auswahl erleichtern sollen. Um zu funktionieren, müssen diese Vorstellungen aber durchgesetzt werden. Dafür stattet man einzelne Gestalten mit Macht aus, die irgendwie begründet und dann von allen anderen auch akzeptiert werden müssen. Diese Macht aber ist ein verführerisches Vermögen, das zu kleinen, großen und übergroßen Begehrlichkeiten beflügeln kann. Und es ist zusätzlich noch sehr wahrscheinlich, das Machtausübung dieser Art zu Widerstand führen wird.



Autobiographischer Exkurs: Nun ist mir dieses Wissen nicht einfach so zugeflogen, sondern es beruht auf einer Fülle von Erfahrungen, die mir aus vielen Quellen heraus zuteil wurden. Familie, Schule, Ausbildung, Arbeit, Verein und andere Lebensbereiche waren daran maßgeblich beteiligt. Und vielleicht ist es die Häufung, die hier den Pfad getrampelt hat, die mich zum Einzelgängertum geführt hat. Für mich waren seit ich denken kann Macht und Täuschung die Grundmotive aller gemachten Erfahrungen. Was sie zerstört bzw. zumindest gedämpft haben ist mein Vertrauen in die Mitmenschen. In vielen Zeiten meines Lebens waren Rückzug und Distanz-Halten meine einzigen Möglichkeiten zum Überleben. Häufig auf mich allein gestellt zu sein und meine Bedürfnisse ohne Hilfe durchpauken zu müssen war/ist nicht förderlich für ein Leben in Gemeinschaften. So erkläre ich mir heute meine Angst vor der Angst der Anderen. Für mich sind Menschen, die Macht ausüben, um ein Begehren zu befriedigen, immer ängstliche Menschen, Menschen die sich fürchten vor dem Alleinsein, dem Verlust ihres Begehrens oder der Einordnung auf einem niederen Rang innerhalb der Hackordnung, die durch all diese Vorstellungen erzeugt wird. Das habe ich erstmals in der Schule erlebt, dann in der Ausbildung, auf der Arbeit und sehr viel später musste ich sogar herausfinden, das selbst die eigene Familie da in nichts nachstand. Heute, im Ruhestand und in gesicherten Verhältnissen lebend, schaue ich zwar mit etwas größerer Distanz auf diese Erfahrungen zurück, aber sie sind immer noch anwesend und wirken, auch ohne weiterhin gebraucht zu werden. Vielleicht ist das auch der Grund oder die Motivation, die mich zur Meditation geführt haben.

Kommen wir zurück zum Sein und der sich stellenden Frage, was die letzten Abschnitte zum Sein beitragen können. Sie erklären vielleicht, wo wir stehen und auf welchen Wegen wir uns abmühen, aber sie scheinen auch aufzuzeigen, wie weit und wie tief wir in Holzwege eingedrungen sind und selbige durchlaufen haben, ohne jemals zu verstehen, wohin wir in Wirklichkeit gehen. Einige wenige Menschen nur warnen vor einem Weitergehen. Sie machen darauf aufmerksam, das wir gerade „den Ast ansägen, auf dem wir sitzen“. Andere proklamieren ein Zurück zum natürlichen Leben, wie es vor der Erfindung der Zivilisation stattfand. Weitere wollen den ungebremsten Fortschritt und den Aufbruch ins All, um die verlorenen Ressourcen des Planeten dort aufzufüllen. Ich persönlich sehe das etwas einfacher. Wir müssen weder vor/zurück noch müssen wir irgendwo hin. Nehmen wir einmal an, wir wären schon da, wo wir sein sollten. Und wir entspannen uns und schauen uns um. Da gibt es viele andere, die auch schon da sind, wo sie sein sollten. Das kann doch eigentlich so bleiben. Und wir sehen viele, denen es an Vielem mangelt und die nicht zufrieden sein können. Da sollten wir tätig sein und zur Zufriedenheit beitragen. Und wir sehen, das auch nach wie vor wider besseres Wissen große Begehrlichkeiten verfolgt werden. Diese sollten wir bremsen, in dem wir diesen Neigungen selbst nicht folgen und indem wir mögliche Belohnungen verweigern. Mehr können wir als kleiner Teil einer Masse nicht wirklich tun. Indem wir beispielhaft im Sein bleiben entsteht die Möglichkeit, das weitere Menschen unserem Beispiel folgen und langsam die Vernunft, was immer man auch darunter als verstanden wird, solange sie „Gutes“ im Sinn führt, verstehen mag, die große Masse erreicht. Holzwege können nicht rückgängig gemacht werden. Sie können vielleicht stabilisiert werden, so das weitere Zerstörungen vermieden werden. Einen Weg heraus aber gibt es nicht. Macht und Täuschung waren/sind die Wegweiser, die in den Holzweg geführt haben. Wir können nur aufhören, weiter diesen Hinweisen zu folgen. Ich denke, die Wiedererlangung der Fähigkeit zu Sein hätte für dieses Ziel eine große Bedeutung.

Was aber ist Sein? Jede Antwort darauf, so ist meine Sicht heute, führt zurück in einen Holzweg. Der Prozess des Lebens ist eben kein Puzzle, das zusammengesetzt und zerlegt werden kann. Es ist ein Strom, der fließt. Dem Fluss folgen und ihn nicht aufhalten ist für mich Sein. Unsere Aufgabe als Mensch ist nicht, das Flussbett zu gestalten und nach unseren eigensinnigen Wünschen einzurichten, sondern lediglich die Hindernisse wegzuräumen, die das Strömen verhindern. Mehr geht nicht. Die Wahl besteht für mich daher nur zwischen Holzweg und Sein. Ich denke, wir hatten Holzwege genug in unserer Entwicklungsgeschichte. Es wäre endlich mal Zeit, im Sein zu verweilen. Machtausübung und Täuschungen sind die menschlichen Errungenschaften, die dem Sein im Wege stehen. Keine Macht auszuüben verhindert die Ohnmacht des Gegenüber. Nicht mehr zu Täuschen lässt sichere Schlussfolgerungen und Erkenntnis zu. Vielleicht kehrt so das Vertrauen in Mitmenschen wieder zurück, das dann Grundlage sein könnte/kann für Frieden und Freiheit, einerseits zwischen Menschen, und folgerichtig dann auch zwischen Natur und Menschen und damit für alle Wesen. Für mich würde/wird das wahrscheinlich wohl zu spät kommen. Zu tief sind die Beulen, zu festgefügt sind die Gewohnheiten, zu alt und Niederlagen-reich ist mein Lebensgefüge und zu fest sind die Erwiderungen, die ich im Gehen des Holzweges habe aufbauen müssen, um erneut ein Vertrauens-sicheres Mitglied der Menschengemeinschaft werden zu können. Aber ich werde/würde die allgemeine Ausrichtung auf mehr Sein in jedem Fall begrüßen und mich bemühen, diesen Prozess wohlwollend zu begleiten. Das Urvertrauen an Mitmenschen allerdings werde ich wohl nicht mehr erreichen können. Dazu scheint es längst zu spät zu sein. Vielleicht schaffe ich es aber noch, im Sein anzukommen. Ich würde mich freuen und es würde mir auch genügen.

Der Strom ist alles, der Tropfen ist noch nicht einmal nichts, und jeder von uns ist dieser unendlichen Strom des Lebens. Weil: Es gibt gar keine Tropfen. So einfach ist für mich Sein.